Biologischer oder ökologischer Weinbau

Biologischer oder ökologischer Weinbau

Biologischer oder ökologischer Weinbau

Biologisch oder ökologisch (frz. bioloquique; span. ecologico; engl. organic) bezieht sich im Wesentlichen auf eine Form der Landwirtschaft, bei der man weitestgehend auf chemische Pestizide (Schädlingsbekämpfungsmittel) , Unkrautvertilgungsmittel (Herbizide) und Düngemittel, gentechnisch veränderte Organismen, Antibiotika und Wachstumshormone verzichtet.
Es geht um die Rückkehr zu einer traditionellen Landbewirtschaftung, bei der der Bauer oder Winzer mit der Natur  anstatt gegen sie arbeitet, indem er den Boden fruchtbar erhält, die Artenvielfalt fördert und zum Wohlergehen der Landgemeinden beiträgt.
Ziel ist es, gesunde Lebensmittel zu erzeugen, die all ihre naturgegebenen Eigenschaften bewahren und deren Aroma, Geschmack, und  Komplexität vollkommen natürlich sind.
Für den Export bestimmte Erzeugnisse gibt es ein EU-Gütesiegel (neues Logo im Juli 2010).

Auszug aus einer Sendung des SWF vom 26.10.2010
 Weinbauern haben schon früh in der Geschichte experimentiert und auch immer neue Sorten importiert. Als Mitte des 19.Jahrhunderts mit Rebstöcken aus Amerika auch die Reblaus und die Pilzkrankheit „Falscher Mehltau“ in Europa eingeführt wurde, hatte das dramatische Folgen. Viele Ernten wurden vernichtet. Doch schnell erkannten Wissenschaftler die helfende Wirkung von Kupfer. Eine Kupfer-Kalk-Brühe war das erste wirksame Antipilz-Mittel.
Mittlerweile weiß man, dass Kupfer den Weinpflanzen zwar hilft, der Umwelt aber schadet. Es baut sich nicht ab, reichert sich im Boden an und vergiftet Mikroorganismen und andere im Boden lebende Tiere. Ein großes Problem, vor dem die Winzer stehen. Betroffen sind vor allem die Öko-Winzer.
Warme Nächte, Gewitter und immer wieder Starkregen, das sind ideale Bedingungen für den größten Feind der Winzer: Peronospora ein Pilz, der auch als Falscher Mehltau bekannt ist. Wer nicht schnell genug gegen die Rebkrankheit spritzt, hat verloren. Es droht der Totalverlust durch Ernteausfall.
Biowinzer Wolfgang Hermes aus Bretzenheim an der Nahe weiß das genau und verzichtet trotzdem auf die Waffen der Ökos: Pilzgifte auf Kupferbasis. In einem Weinberg verlor er so 50 Prozent aller Trauben. Dabei hat er eine eher pilzresistente Rebsorte angepflanzt. Hermes fürchtet Rückstände im Wein. Bei ihm verstaubt das Kupfermittel deshalb auf dem Dachboden. Dabei haben Lebensmittelkontrolleure im Ökowein bislang keine auffälligen Kupferwerte festgestellt. Viel mehr Sorgen machen Wissenschaftlern beim Thema Kupfer dagegen die Auswirkungen auf Bodenorganismen.

Ökowinzer wie Axel Schmitt in Ober-Hilbersheim verwenden deshalb so wenig Kupfer wie möglich. In diesem Jahr jedoch mussten viele Ökowinzer die erlaubte Jahresmenge von drei Kilo pro Hektar fast ausschöpfen. Weitgehend resistente Rebsorten waren stark befallen. Trotzdem dürfen Ökowinzer das Schwermetall Kupfer nur noch bis 2016 benutzen. Die EU-Kommission hat ihr Urteil gefällt, Kupfermittel stehen auf der Abschussliste. Gerade Böden mit geringem Humusanteil wie an der Mosel sollen nach über 100 Jahren Mehltaubekämpfung geschützt werden.
Fatal für die Biobranche, denn auf Kupferspritzmittel sind viele Ökobauern angewiesen - etwa beim Anbau von Äpfeln und Hopfen - trotz der Wirkung auf die Bodenorganismen. Bei der Pilzbekämpfung gibt es bislang keine Alternative zum Kupfer, die den Regeln der Ökos entspricht - trotz aller Anstrengungen. In Forschungsanstalt Geisenheim wurde über 110 Wirkstoffe getestet: Saure Lösungen, Meeresalgen und Pflanzenextrakte. Doch der durchschlagende Erfolg im Kampf gegen Falschen Mehltau blieb aus.
Ohne Kupfer sind viele von uns am Ende, befürchtet Lotte Pfeffer-Müller, die Vorsitzende des Bundesverbandes für Ökologischen Weinbau ECOVIN. Der Kupfereinsatz ist die Achillesferse der Öko-Branche. Nur haben bislang die Erfolge der Branche das Thema überdeckt. Viele Bio-Bauern beklagen sich, dass in der Kupferdebatte kaum noch von ihren Leistungen gesprochen wird und dass sie von der Industrie keine Hilfe bekommen. Lotte Pfeffer-Müller vermutet, dass die Zahl der Ökowinzer mit 3 bis 5 Prozent des gesamten Weinbaus noch zu klein ist, um für die Industrie ein interessanter Markt zu sein. Deshalb werde nicht ausreichend geforscht. Der Aufschwung des Öko-Weinbaus steht also auf tönernen Füßen. Wird kein ein Ersatzmittel für Kupfer gefunden, könnte nach dem großen Sterben der konventionellen Weingüter auch das Aus für viele Bio-Betriebe in Deutschland folgen.
Das Umweltbundesamt (UBA), Dessau bestätigt, dass Kupfer den Ökowinzern stark zusetzt. Es sei aber wichtig, dass Kupfer möglichst nicht mehr als Pflanzenschutzmittel eingesetzt werde. Sowohl Labor- als auch Freilandversuche haben immer wieder die negativen Auswirkungen auf Fische, Fischnährtiere, Bodenorganismen und auf Regenwürmer gezeigt. Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass der Hauptanteil des Kupfers immer noch von den konventionellen Betrieben in den Boden gebracht werde. Das Umweltbundesamt (UBA) sieht auch, dass die Ökowinzer sich anstrengen, den Kupfereinsatz zu verringern. Ansonsten müsste die verbleibende Zeit genutzt werden, letztlich tragfähige Kupfer-Alternativen für den Öko-Weinbau zu entwickeln. Es sei richtig, dass bisher noch nicht genügend geschehen sei. Das UBA setze sich dafür ein, dass auch auf europäischer Ebene mehr getan werde und auch Mittel bereit gestellt würden.
Übrigens. Wer sich für die Geschichte des Weinbaus und des Rebenschutzes interessiert, der kann sich im Deutschen Weinbaumuseum in Oppenheim umsehen. 22 Ausstellungsräume halten zahllose historische Raritäten und viele Kuriositäten zum Thema Weinbau bereit.